Über das Nebeneinander von Wasser und Wohnen und dessen bauliche Entstehung
Das Areal der ehemaligen Wollzwirnerei Bucher AG ist seit einem Jahr fertig verwandelt. Pflanzen und Gemeinschaft wachsen, Bäume, Hecken, Magerwiese schlagen Wurzeln, genauso wie die Bewohnerinnen und Bewohner in und um ihre Wohnungen. Gleichzeitig liegen tief unter Kies, Erde, Teer und Beton begraben viele verschiedene Rohre. Eines davon steht heute im Fokus: Der Kanal des Wasserkraftwerks «Poliere» mit rund 2 m³ / Sekunde Durchfluss.
Im Juli 2017 hat Abendrot das bestehende, aber zuvor brachliegende Wasserkraftwerk der früheren Bucher & Cie AG nach zweijähriger Planungs- und Bauzeit mit neuer Turbine wieder in Betrieb genommen. Dort stürzt der offenliegende Polierebach den Kraftwerksschlund hinunter und wird auf der anderen Seite der Turbine als Allmendbach eingedolt weggeführt. Erst nach dem benachbarten Bahndamm kommt er wieder an die Oberfläche.
2021 trug sich im Zusammenhang mit den in Bau befindlichen Wohnneubauten ein kleines Bau-Märchen zu: Der bestehende Abflusskanal lag für die geplante Tiefgarage zu hoch und musste neu darunter hindurchgeführt werden. Dies bedeutete eine Absenkung dieses grossen Wasserrohrs. Nun klingt ein solches Vorhaben einfach und doch wirft es für die Besitzerin einige Fragen auf: Wo genau liegt der bestehende Kanal? Und wie ist er beschaffen? Wohin geht das Wasser während der Bauzeit und kann man es jederzeit «abhängen»? (Es gibt ja keinen verschliessbaren Haupthahn.) All diese Fragen und noch einige mehr beantwortete ein in Wasserbau versierter Ingenieur, der für Abendrot das Vorhaben begleitete. Die Kontrolle und der Feinschliff erfolgte mit Hilfe von wagemutigen Schwimmern, die sich, fest eingepackt in Neopren, in das nur 1,5 m Durchmesser zählende, enge Rohr wagten.
Die kunstvolle Tieferlegung des Fliessgewässers gelang. Ohne Bodenschwelle in der Einstellhalle und damit unbemerkt von den Bewohnerinnen und Besuchern des Areals liefert das Kraftwerk Polierebach rund um die Uhr viel «grüne Elektrizität»: Im Jahr 2023 produzierte die «Kaplan-Turbine» mit Hilfe eines «permanent-magnetisch-erregten Synchrongenerators» ca. 325 MWh Strom. Betrieben wird es vom lokalen Kraftwerk-Verbund «Genossenschaft Wasserkraftwerke Burgdorf».
Projektleitung Abendrot: Tilman Körner