Alter Neubau oder neuer Altbau?

Video zur Eröffnung

Auf dem Lagerplatz in Winterthur hat die Stiftung Abendrot ein neues Haus aus alten Bauteilen realisiert. Am 14. Juni 2021 wurden die Räumlichkeiten mit einer Einweihungsveranstaltung in kleiner Runde vor Ort offiziell den neuen Mietern und Nutzern übergeben. Weitere Gäste konnten sich online dazuschalten. Ein Kurzfilm ersetzte den gemeinsamen Rundgang durch das Gebäude.

Die ehemalige Sulzer-Modellbauwerkstatt, der Kopfbau 118, wurde ausgebaut und um 3 Geschosse aufgestockt. Das nun fertiggestellte Gebäude besteht zu deutlich mehr als die Hälfte aus wiederverwendeten Bauteilen, welche anderenorts aufgrund von Um- oder Rückbauten nicht mehr benötigt wurden. Der neue Altbau – oder ist es ein alter Neubau? - beherbergt im EG und 1. OG Arbeits- und Werkräume der ZHAW/ZPP, in den drei oberen Geschossen Ateliers und Büroräume.
Das Bauteilpuzzle ist vielfältig und wurde mehrheitlich von Unternehmen aus Winterthur und Umgebung zusammengesetzt: Die Stahlkonstruktion stammt aus dem Rückbau eines Lebensmittellagers in Basel, die Fenster vom Werk 1 gleich nebenan in Winterthur. Vom Bürogebäude ORION in Zürich konnten weitere Fenster, Fassadenplatten aus Granit sowie Metallgeländer "gewonnen" werden. Hier wurde auch ein passender Aussentreppenturm gefunden. Das rote Fassadenblech für die Aufstockung wurde vor dem Abbruch der Druckerei Ziegler in Winterthur demontiert. Auch Glasbausteine für Zwischenwände, Oberlichter, Storen sowie Aussen- und Innentüren stammen aus Rückbauten anderer Gebäude.
So entstand ein charakterstarker Bau zu Kosten, welche vergleichbar sind mit einem hypothetischen Neubau in konventioneller Bauweise mit neuen Bauteilen; gleichzeitig konnte eine CO2eq-Reduktion von fast 60% im Vergleich zu einem hypothetischen Neubau in konventioneller Bauweise erreicht werden. Dies übertrifft alle Erwartungen und gibt einen Eindruck davon, welche Möglichkeiten für die Bau- und Immobilienbranche in Bezug auf die viel zitierte Nachhaltigkeit bestehen.
Die Planung, Bauteilsuche und -gewinnung und die Realisierung des Projektes lagen beim Baubüro in situ, Zürich. Eine wissenschaftliche Projektbegleitung der Planer gemeinsam mit der ZHAW hat die ökologischen und ökonomischen Aspekte des Projektes sowie die Auswirkungen auf Finanzierung, Planung und Bauprozess untersucht und dokumentiert. Die Erkenntnisse werden in einem Buch zusammengefasst, welches im Spätsommer 2021 erscheint.
Wegleitende Werte der Stiftung Abendrot sind soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit. Der Weg dahin darf auch mal unkonventionell sein: Mit dem Projekt Kopfbau 118 hat die Stiftung Abendrot ein Experiment in Sachen Wiederverwendung gewagt und wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Projekte gewonnen.

Tina Puffert

Video zur Eröffnung

Datenschutzhinweis

Ihre Privatsphäre ist uns wichtig. Wir sammeln Verhaltensdaten nur anonymisiert und nur zur Reichweitenmessung. Mehr dazu erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.